Zum Inhalt (ALT-C)
Zur Navigation (ALT-N)
Zur Startseite (ALT-S)

kelten römer museum manching  |  E-Mail: info@museum-manching.de  |  Online: http://www.museum-manching.de

Ergebnisse der Ausgrabungen in Manching von Dr. Rupert Gebhard (Archäologische Staatssammlung München)

Die Geschichte der Kelten - 3. Geschichte der Siedlung

Modell des Osttores im murus Gallicus (Mauerring) von Manching

Die keltische Siedlung von Manching war im Gegensatz zu manchen anderen Oppida nicht von Anfang an von einer Mauer umgeben. Die ältesten Funde konzentrieren sich auf ein Gebiet im Zentrum. Der Bereich erstreckt sich ungefähr symmetrisch 100-150 m nördlich und südlich einer Ost-West verlaufenden Achse. Diese Achse entspricht der späteren Hauptstraße, die Ost- und vermutetes Westtor der Siedlung verbindet. Reste dieser Straße sind in den unteren Schichten des Osttores erhalten geblieben. Aufgrund der relativ wenigen Funde lässt diese Siedlung innerhalb des 3. Jh. ;v. Chr. keine Lageveränderungen erkennen.

Größenvergleich keltischer Oppida und mittelalterlicher StädteAm Übergang zum 2. Jh. v. Chr. kommt es plötzlich zu einer Vervielfachung der Siedlungsfläche.

Die Funde streuen nun weiter nach Norden, Süden und Westen. In der 2. Hälfte des 2. Jh. v. Chr. erreicht die Siedlung ihre maximale Ausdehnung. Es wird nun die gesamte Fläche genutzt, die auch dann von der Stadtmauer umgeben wurde. Damit ist die größte Ausdehnung der Siedlung erreicht.

Der Bau der ersten Stadtmauer muss irgendwann zu Beginn der 2. Hälfte des 2. Jh. v.Chr. stattgefunden haben. Es war eine immense Leistung: Der 7,2 km lange murus Gallicus erforderte nach ersten Berechnungen F. Maiers und J. Köhlers 2 Tonnen Eisennägel, 11 800 Festmeter Holz für das Rahmenwerk (ohne das Material der Brustwehr), 6.900 m³ Kalkstein für die Frontverkleidung, 100.800 m³ Erde für die Rampenschüttung sowie 90.000 m³ Erde und Steinmaterial für die Füllung der Mauer. Der Umfang der Baumaßnahme wird deutlich, wenn man bedenkt, dass allein die 20.000 Tonnen Kalksteinmaterial der Frontmauer 1000 Eisenbahnwaggons füllen würden.

Die zweite Stadtmauer ist spätestens 104 + 10 v. Chr. errichtet worden. Diese Datierung stammt von erhaltenen Bauhölzern eines wegen eines Torumbaues errichteten Absperrgrabens. Dieser Sperrgraben gehört in die Phase der ersten Pfostenschlitzmauer. Vermutlich nach der Errichtung dieser Schlitzmauer wurde auch das Tor erneuert. Ein dritter Bau, wiederum offenbar auf der gesamten Länge von 7,2 km, greift dieses Konstruktionsschema noch einmal auf.

Bauschema des murus Gallicus (Ringmauer) und der Pfostenschlitzmauer von Manching (2)

Aus welchem Anlass die Stadtmauern errichtet wurden, bleibt unklar. Es erscheint wahrscheinlich, dass zumindest der Bau der ersten Stadtmauer wohl keine Reaktion auf historische Ereignisse oder Gefahren darstellte. Vielmehr schien sie aus einem gewissen Prestigeanspruch heraus gebaut worden zu sein, da man gerade für sie eine fremde Bautechnik, den murus Gallicus, wählte. Dieser ist in Gallien beheimatet. Manching ist der am weitesten östlich liegende Fundort dieses Mauertyps.

Seit dem späten 2. Jh. v. Chr. trieb die keltische Welt allmählich ihrem Untergang entgegen. 121 v. Chr. richteten die Römer in Südgallien ihre erste Provinz ein, ein erster Keil, der von Süden gegen die keltische Welt getrieben wurde. Von Norden drangen die sich ausdehnenden Germanen in die keltische Welt ein. So kamen die Kimbern und Teutonen auf ihrem Zug um 120 v. Chr. auch durch Südbayern. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich hier Auseinandersetzungen um Manching abspielten. Während des 1. Jh. v. Chr. nahmen die Bedrohungen zu. Germanische Einfälle von Norden und die Expansionspolitik Roms erschütterten das Wirtschaftssystem der Oppida schwer. Mit den caesarischen Eroberungen waren Veränderungen erreicht, die vermutlich das gesamte bis dahin aufgebaute Wirtschaftssystem zum Erliegen brachten. Die jüngsten Importe von italischem Wein nach Manching datieren in die Zeit um 80 v. Chr.

Dass Manching erobert wurde, ist nicht nachzuweisen und auch unwahrscheinlich. Das allmähliche Versiegen der Funde in der zweiten Jahrhunderthälfte macht eine ganz andere Entwicklung in der Schlussphase wahrscheinlich: Das Oppidum hörte auf, als das Handelssystem zusammenbrach und die Stadtmauer von einer sinkenden Bevölkerungszahl nicht mehr instandgehalten wurde. Das heißt jedoch nicht, dass die ganze Siedlung auf einmal verlassen wurde. Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass ein Teil der Bevölkerung in einzelnen bäuerlichen Betrieben weitersiedelte. Die jüngsten keltischen Funde aus Manching datieren in die Zeit um 40/30 v. Chr. Als die Römer das Alpenvorland im Jahre 15 v. Chr. eroberten und die dort noch lebenden Vindeliker besiegten, war von der einst blühenden Stadt nur noch die verfallende Stadtmauer vorhanden.

drucken nach oben