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kelten römer museum manching  |  E-Mail: info@museum-manching.de  |  Online: http://www.museum-manching.de

Von Dr. Barbara Pferdehirt (Mainz)

Die römischen Militärschiffe von Oberstimm, Markt Manching

Fundsituation der Römerschiffe
Fundsituation der beiden Römerschiffe

Das um 40/50 n. Chr. in Oberstimm errichtete römische Militärkastell wurde 1968-1971 unter Leitung des Deutschen Archäologischen Institutes planmäßig untersucht. Unmittelbar westlich des Kastells entdeckten Archäologen 1986 im Bereich einer verlandeten römischen Anlegestelle zwei spektakuläre römische Militärschiffe mediterraner Bauart aus der Zeit um 100 nach Christus, die vom römischen Militär als Patrouillenboote und zum Geleitschutz, aber auch in Gefechten zu Wasser eingesetzt werden konnten.

 

Sie wurden 1994 planmäßig ausgegraben und waren zwecks Konservierung und Restaurierung bis 2005 im Römisch-Germanischen-Zenralmuseum in Mainz, das für seine Museumswerkstätten weltweit bekannt ist. 

 

Im Dezember 2005 kehrten die Schiffe nach Manching zurück und werden seither in der Schiffshalle des Museums ausgestellt. 

 

Entdeckung und Erhaltung

Im Jahr 1986 wurden in einem archäologischen Suchschnitt 50 m westlich des römischen Kastells Oberstimm bei Ingolstadt zwei römische Schiffe entdeckt. Die Fundstelle befindet sich am ehemaligen Ufer der heute verlagerten Brautlach, eines kleinen Nebenflusses der Donau. 1994 wurden beide Schiffe ausgegraben und geborgen. Abgesehen von den Zerstörungen, die 1986 durch den Bagger hervorgerufen worden waren, hat sich das Schiff 1 auf eine Länge von 15 m erhalten. Bug und Heck fehlen, doch nach der erhaltenen Rumpfform zu urteilen, kann es nur wenig länger gewesen sein. Während die Steuerbordseite vom Dollbord bis zum Kiel vollständig bewahrt blieb, ist die Backbordseite komplett vergangen. Rekonstruiert ergibt sich ein Schiff von 15,70 m Länge, 2,70 m Breite und 1 m Höhe.

 

Datierung

Bei Schiff 1 und 2 aus Oberstimm bestehen die Planken aus Kiefer, der Kiel, das Kielschwein, die Spanten und die Duchten aus Eiche.

Dendrochronologische Untersuchungen ergaben für das Eichenholz Fälldaten von 90 n.Chr. +/- 10 bzw. 102 n.Chr. +/-10 Jahre. Eine weitere zeitliche Eingrenzung ermöglichten Eichenpfähle, die als Uferbefestigung in den Boden gerammt worden waren und beide Schiffe durchschlagen hatten.

Sie sind 118 n.Chr. gefällt worden. Beide Schiffe gehören also in domitianisch/trajanische Zeit. 

 

Funktion

Schiff 1 war nachweislich ein Ruderschiff wie die erhaltenen Dollen und Sitzduchten zeigen.

 

Es gibt Hinweise für 10 Ruderer auf der Steuerbordseite, so daß die gesamte Rudermannschaft wohl aus 20 Mann bestand. Zusätzlich konnte es gesegelt werden, wie das in Resten erhaltene Kielschwein belegt. Der schlanke Rumpf mit einem Längen/Breiten-Verhältnis von rund 6:1 und die schmalen Heck- und Bugpartien sprechen dafür, daß das Schiff Oberstimm 1 ein Militärfahrzeug gewesen ist. Ob es als Mannschaftstransporter, Patrouillenfahrzeug oder Kurierschiff zwischen den Donaukastellen eingesetzt war, muß allerdings offenbleiben. 

 

Konstruktion

  • Kiel

Der im Querschnitt trapezförmige Kiel aus Eichenholz hat eine Breite von 5 cm (unten) bzw. 14 cm (oben) und ist 10 cm hoch. Er steigt zum Bug und Heck hin leicht an.

  • Planken

Die 4 cm dicken, 17 - 26 cm breiten Planken aus Kiefernholz weisen im Abstand von 25 cm Nut-und-Feder-Verbindungen auf, wobei die Holzstifte, die die Federn halten, einen Durchmesser von 1 cm haben. Von den insgesamt acht Plankengängen sind der 1. und 5 Gang Totgänge. Sie waren an ihren Enden durch senkrecht in die Plankenschmalseite geschlagene Eisennägel fixiert. Plankenschäftungen konnten bei Schiff 1 nicht beobachtet werden. Der 7. Plankengang besteht aus einem 10 cm dicken Bargholz, auf dem die ca. 20 cm hohe außen verdickte Dollbordplanke sitzt. Die Plankennähte waren mit Kalfat abgedichtet, von dem sich Reste erhalten haben.

  • Spanten

Die vom Kiel bis zur Bordkante reichenden Halbspanten sind teilweise geschäftet. Während bei den Spanten 9, 16, 18 und 20 beide Teile einen durchlaufenden Halbspant bilden, sind bei den Spanten 8 und 10 die beiden Spantstücke nebeneinandergesetzt. Alle Spanten sind mit ca. 2,5 cm dicken Holznägeln an den Planken befestigt.

  • Einbauten

Im vorderen Schiffsteil lagen über den Spanten auf dem Kiel die Reste eines Kielschweins. Fragmente von zwei Duchten steckten noch in der Bordwand. Es sind dies die Mastducht, die unmittelbar hinter dem Mast saß, wie die Mastspur im Kielschwein beweist, und die letzte Ducht. Diese hat nahe der Bordwand ein rundes Loch, in dem wohl ein Pflock steckte. Beide Duchten liegen auf dem Bargholz auf und werden durch Aussparungen im Dollbord fixiert. Für alle übrigen, heute verlorenen Ruderbänke gab es dagegen 20 cm lange, 4 cm hohe und 3 cm tiefe Einlassungen im Bargholz, d.h., diese Duchten lagen tiefer als die beiden erhaltenen Ruderbänke. Das gleiche Phänomen zeigt sich bei dem Schiff Oberstimm 2.

 

Der Abstand der Duchten beträgt ca. 1 m; 50 cm hinter den Ruderbänken befinden sich auf der Oberseite des Dollbords die Aussparungen für die Dollpföcke.

 

Holznägel auf der Innenseite einiger Spanten sprechen dafür, daß hier ursprünglich ein Stringer angebracht war. Auf ihm werden wahrscheinlich Querbalken aufgelegen haben, die den Ruderern als Fußstützen dienten.

Mit der Bedienung des Segels können zwei Beobachtungen in Verbindung gebracht werden: der Pflock, der wohl in dem Loch der hintersten Ruderbank steckte, und eine 10x5 cm große Aussparung im Bargholz, 80 cm hinter dieser Ducht. Möglicherweise lag hier ein Querbalken im Schiff, an dem die Gordings des Segels befestigt werden konnten.

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